Sinossi (in Tedesco)
Der begabte Victor Frankenstein wächst Ende des 18. Jahrhunderts behütet in Genf auf und entwickelt schon früh eine Begeisterung für die Naturwissenschaften. Als die Mutter unerwartet stirbt, wird der Sohn aus seinem Idyll gerissen. Geschockt von dem Schicksalsschlag schwört Frankenstein, mit Hilfe der Wissenschaft den Tod zu bannen. Im fernen Ingolstadt widmet er sich voller Eifer medizinischen Studien, die ihm letztlich ermöglichen, aus Leichenteilen einen lebendigen Menschen zu erschaffen.
Doch die ungeheuerliche Tat hat Konsequenzen. Frankenstein erkennt, dass er eine schreckenserregende Kreatur mit übernatürlichen Kräften erweckt hat. Als er sein Werk zerstören will, läuft das unglückliche Wesen davon, macht schmerzhafte Erfahrungen mit menschlicher Niedertracht und schwört seinem Schöpfer Rache. (Arte Presse)
In der Rolle von Frankenstein verliert Kenneth Branagh die Kontrolle über seinen Homunkulus. Aber auch in seiner Funktion als Regisseur ist er erstmals in seiner Karriere überfordert. Ob auf den Theaterbrettern, vor der Kamera oder dahinter, alles, was der Wunderknabe des britischen Films bis jetzt gemacht hat, war ein Erfolg. Nach grossen kreativen Leistungen wie "Henry V.", "Peter´s Friends" oder "Much Ado About Nothing" hat er jetzt nur ein aufgeblasenes Melodrama geschaffen.
Mit dem Titel "Mary Shelley´s Frankenstein" deklariert sich der Film als werktreue Roman-adaptation. Das Buch, das 1818 in drei Bänden erschien, gehört zu den Hauptwerken der Schauerromantik. An den Gestaden des Genfersees brachte die 19jährige Mary Wollstoncraft Shelley "Frankenstein or the Modern Prometheus" zu Papier.
Der Roman ist weniger eine Gruselmär als vielmehr ein abschreckendes Drama. Shelley liess sich von "Wiederbelebungs"-Experimenten inspirieren, die Erasmus Darwin, der Grossvater von Charles, an zerhackten Würmern vornahm. Für Regisseur Branagh sind Shelleys Gedanken über das Prinzip und den Aufbau des Lebens aktuell wie nie zuvor: "Das erschreckend schnelle Voranschreiten der Gentechnologie lässt die Geschichte nicht mehr verrückt oder phantastisch erscheinen." Doch die Genforscher werden kaum betroffen zusammenzucken, wenn das neunmalkluge Monster seinen Schöpfer fragt: "Hast du die Konsequenzen deines Tuns je bedacht?" Zuviel Pathos ist hier im Spiel. Und das sorgt höchstens für Lacher an den falschen Stellen.
Das opulente 45-Millionen Dollar Epos ist in den Shepperton Studios ausserhalb Londons gedreht worden. Die Kulissenbauten sind die Grössten in der Geschichte der britischen Filmindustrie - aber nicht die besten. Ganz offensichtlich sind die Eisschollen am Nordpol - dem letzten Zufluchtort des Monsters - aus purem Styropor. Und der Marmor in Frankensteins Elternhaus ist augenscheinlich bloss bemalte Pappe.
Francis Ford Coppola verantwortet "Mary Shelley´s Frankenstein" als Produzent. Das sieht man der pompösen Inszenierung zwar an. Aber dem Drama fehlen die ästhetische Perfektion und die Originalität von Coppolas letztjähriger Schauersaga "Bram Stokers Dracula". "Mary Shelley´s Frankenstein nimmt sich furchtbar wichtig und hat doch nichts neues zu sagen. Das Schöpfungsdrama ist zuwenig gruselig, um uns zu erschrecken, zuwenig tragisch, um uns zu rühren, und zuwenig humorvoll, um uns zum Lachen zu bringen.
Höchstens schmunzeln können wir - über Kenneth Branaghs exhibitionistische Darstellung des gotteslästerlichen Wissenschaftlers. Noch nie hat Dr. Frankenstein so viel nackte Haut gezeigt wie in der neuesten Filmversion. Der entblösste Oberkörper bringt uns zurück zu Religion. Das Christentum nennt Eitelkeit eine von sieben Todsünden. Das gilt im Leben und erst recht im Film. (Nadine Woodtli in "tele", 1995)
"Opulentes Unterhaltungskino mit tiefsinnigem Hintergrund" (multimedia)
Osservazione generali (in Tedesco): «Im Alter von gerade mal 19 Jahren schrieb die Britin Mary Shelley 1818 eines der bekanntesten Werke der fantastischen Literatur, den Gruselklassiker "Frankenstein oder Der moderne Prometheus".
Kenneth Branagh gelingt als Regisseur und Hauptdarsteller in Personalunion mit seinem Film mehr als ein inhaltlich verkürzter Gruselschocker. Getreu der Vorlage brandmarkt er den verhängnisvollen, grenzenlosen Wahn eines besessenen Wissenschaftlers und zeigt zugleich die existenziellen Dimensionen eines verdrängten Vater-Sohn-Konflikts auf. Typisch für Branagh sind die zahlreichen an Gemälde oder Theaterkulissen erinnernden Szenen zwischen Überästhetisierung und Exzentrik.
Mit seinen ausgefeilten Filmtricks, der aufwendigen Maske und nicht zuletzt exzellenten schauspielerischen Leistungen ist Kenneth Branaghs opulente Neuverfilmung des "Frankenstein"-Stoffes eine der bombastischsten Filmproduktionen der 90er Jahre. Kenneth Branagh und Robert De Niro führen als getriebener Schöpfer und monströses Geschöpf eine erstklassige Besetzungsliste an, die für jede Rolle den absolut passenden Darsteller verzeichnet, darunter beliebte Könner ihres Fachs wie Tom Hulce, Helena Bonham Carter, Aidan Quinn, Ian Holm oder John Cleese. » (Arte Presse)