«How to Cook Your Life» von Doris Dörrie
Gleich mit einem Doppelpack, «How to Cook Your Life» (Film) und «Und was wird aus mir?» (Roman), meldet sich die deutsche Filmemacherin, Schriftstellerin und (jüngst in München) Opernregisseurin Doris Dörrie zurück. Für ihren Film nun stellt die Dokumentaristin gewissermassen nur das technische Equipment zur Verfügung, um ihrem Amerikanisch sprechenden Zen-Priester aus Fairfax in Kalifornien den Vortritt zu lassen.
Es ist der in einschlägigen Kochkreisen bekannte Edward Espe Brown, der sich, eingerahmt von kunstvollen Radieschenschnitzereien, sofort an die Arbeit begibt. Auf der ersten Station des Vielgereisten im buddhistischen Zentrum Scheibbs in Österreich wird per Logo auch gleich das Tempo vorgegeben. Vom «Schneckentempo» ist es nicht weit zum «slow food» des kochenden Priesters, der aufs Ausführlichste seine Liebe zum Grundnahrungsmittel Brot demonstriert. Dabei werden die jeder Hausfrau geläufigen Tücken des Hefeteigs in aller Ausführlichkeit auf den eingemehlten Tisch des Hauses gebracht.
Und wieder ist die Philosophie nicht weit. Meister Ed beruft sich auf Zen-Meister Dogen, den Gründer der Soto-Zen-Schule, der bereits 1283 ein Kochbuch verfasste, um seine Anhänger zu ermutigen, Buddha in den einfachen Küchentätigkeiten zu entdecken. Entsprechend doziert der Schüler beim Teigkneten, Gemüseschneiden, Backen, Verzehren und führt vor, wie nicht wir das Essen kochen, sondern in Wirklichkeit das Essen uns kocht. Was heissen soll, dass man beim liebevollen Kochvorgang unwillkürlich an sich selbst und anderen Menschen arbeitet. Dabei steht in erster Linie die amerikanische Nation am Pranger, die, statistisch gesehen, zu 80 Prozent das Kochen am eigenen Herd abgeschrieben haben soll. Die abgeklärte Haltung des Lebensphilosophen im T-Shirt strahlt allerdings nicht jene gefürchtete japanische Strenge aus - die bleibt seinem (ebenfalls eingeblendeten) Lehrmeister Suzuki Roshi vorbehalten -, sondern jenes Easygoing-West-Coast-Feeling, das sich nicht so recht auf die allerorts andächtig lauschenden Adepten übertragen will.
Von einem Zen-Workshop zum nächsten, von Austria zum kalifornischen Zen-Kloster Tassajara oder zur Green Gulch Farm - überall werden die drei Zen-Tugenden einer gütigen, grossherzigen und frohen Gemütsverfassung hochgehalten, und das endlose Rattern dieser Gebetsmühle mag den einen oder andern doch ermüden. Trotzdem kann man sich den sehr einfachen fernöstlichen Metaphern nicht entziehen. Etwa, dass eine zerbeulte Teekanne, die ihr wahres Alter nicht verbirgt und dennoch ihren Dienst tut, eine echte Lebensberaterin abgibt - aber müssen wir uns deshalb auch die verschrobenen Weisheiten amerikanischer Aussteiger zu Gemüte führen, die sich aus dem Müllcontainer ernähren?
Dörrie belässt es eben nicht beim demütigen Porträt eines wirklich sympathischen Zeitgenossen, dem auch Menschliches nicht fremd ist, wenn - gegen jede Zen-Dressur - plötzlich das Temperament mit ihm durchgeht. Schade, dass die kontemplative Stimmung des Films durch die belehrenden Doku-Exkurse der Filmemacherin zusätzlich moralisch aufgerüstet wird. Trotzdem ist «Wie man sein Leben kocht» eine überwiegend gelungene Exkursion ins Hier und Jetzt des Lebens, die ein Stück weit einfach glücklich macht. (Marli Feldvoss , NZZ 10. Mai 2007)